Montag, 9. April 2018

Schokofahrt: Mit dem Chike ans Meer

Das ist die Schokofahrt

Schokofahrt bedeutet, Schokolade emissionsfrei zu transportieren - mit dem Fahrrad. Die Schokolade ist Bio, ihre Rohstoffe fair gehandelt und mit dem Segelschiff nur unter Wind über den Atlantik gekommen. Schon seit einst Eric - damals unter dem Oberbegriff "rumfahren", weil es auch um Rum und nicht ausschließlich um Schokolade ging - auf diesem Weg seine Lasten nach Leipzig transportierte, wusste ich, dass ich eines Tages auch einmal mitfahren wollte, und über Ostern startete die Schokofahrt zum dritten Mal aus Münster.

Früh morgens auf dem Domplatz in Münster - Levi ist noch etwas müde und kuschelt sich in seine Decke

Unser Sohn Levi hat es im Moment schwer: "über ihm" gibt es die großen Geschwister, die allzu oft ein Zweierteam bilden und sich vom kleinen Bruder gestört fühlen. "Unter ihm" rangiert das Baby, das einen Großteil der Aufmerksamkeit auf sich zieht. Da kam die Gelegenheit, ihn mit auf Schokofahrt zu nehmen, gerade recht. Vater-Sohn-Zeit, oder auch "Quality-Time", wie die Instaparents schreiben würden.

Wie ich zum Chike kam

Nachdem ich bei Münsters erstem Lastenradrennen im Oktober 2017 das Chike ausprobiert und im Mehrspurer-Rennen Manuel, einen der beiden Schöpfer des Rades, hatte gewinnen lassen unterlegen war, bestand mein Wunsch, das Rad im Blog zu besprechen. Ursprünglich war der Plan, das Chike in dessen Heimat Köln auszuprobieren, aber dann kam die Schokofahrt und ich fragte Manuel, ob ich mir dafür nicht ein Rad ausleihen könne.

Das Chike cargo auf dem Schlossplatz zu Münster

Und so kam es, dass ich am Morgen des 29. März 2018 mit einem Chike Kids auf dem Domplatz in Münster stand, voll beladen mit einer zweiten Batterie, Ladegerät, meinem Foto-Equipment, einer Provianttasche mit Snacks und Getränken, einer großen Isomatte, zwei Schlafsäcken, Klamotten, Regenklamotten, zwei Kopfkissen, Spielzeug für meinen Sohn, einer Nasstasche mit Sanitärartikeln für den Fall der Fälle und nicht zuletzt einer Kuscheldecke.

Abfahrt in Münster

Bei der Abfahrt war die Lokalpresse zugegen, und natürlich wollte der Fotograf das Kind mit auf dem Bild haben. In der ersten Reihe solle ich mich aufstellen und doch bitte das Verdeck offen lassen, auf dass man meinen Sohn gut sähe - und ebenfalls nicht ganz unerwartet war die Aktion sinnlos, denn auf dem Bild, das es in die Zeitung geschafft hat, sieht man Levi gar nicht.

Abfahrt auf dem Domplatz - Foto: Matthias Ahlke, Westfälische Nachrichten

Allerdings: wenn man mit dem Chike offen fahren will, empfiehlt es sich, das Verdeck ganz abzunehmen. Man kann zwar das Fenster vorn aufrollen und oben fixieren, so dass die Fahrgäste hinter einem Mückennetz frische Luft bekommen, aber das ganze Verdeck lässt sich nicht oben fixieren, wohl aber abnehmen und zusammengerollt oder gefaltet verstauen. Allein, das wollte ich nicht, denn es war noch ziemlich frisch. Und so musste ich wenige Meter nach Abfahrt kurz rechts ran, das Verdeck schließen, ein paar blieben mit mir stehen und schon war eine Gruppe von sechs Fahrern vom "Hauptfeld" abgerissen und es dauerte bis Altenberge, bis wir wieder alle zusammen fuhren.

Panne hinter Altenberge

Und so richtig in die Gänge kommen wollte die Fahrt auch dann nicht: wenig später gab es die erste Reifenpanne im Feld, und da der Mantel nicht mehr vernünftig auf die Felge passen wollte, dauerte die Reparatur eine Weile und uns wurde empfindlich kalt.

Den ganzen Tag radfahren mit dem Kleinkind

Levi derweil war bester Laune. Was hatte ich mir nicht Sorgen gemacht, ob ihn die Fahrt nicht wahnsinnig langweilen würde. In seiner Spiele-Tasche befanden sich daher TipToi-Bücher und Hörspiele, aber wie sich noch zeigen würde, wäre ich auch ohne das Entertainment-Paket gut ausgekommen.

Ebenfalls Gedanken hatte ich mir um die Nöte des jungen Mannes gemacht. Würde es möglich sein, immer dann Pause zu machen, wenn er mal muss? Würde ich den Anschluss an die Gruppe verlieren? Zu meiner Überraschung fügte sich auch hier alles. Meistens geschah "es" sogar, wenn wir eh eine Pause machten und eine Toilette in der Nähe war.

Mittagspause in Hengelo
Wir fuhren weiter, das Wetter wurde besser, und nach fast 70 Kilometern waren wir auch schon in Hengelo, hatten - so nahmen wir an - fast zwei Drittel unseres Tagespensums geschafft und gönnten uns eine Mittagspause mit Pommes. Ich bestellte zwei große Portionen zu je 2,50 € und bekam etwa zwei Zentner "Patat" in zwei Spitztüten - merke: in Hengelo bei "De Muur" sind die Portionen noch so, wie sie sein sollten!

Die Reichweite mit 400Wh

Auf dem Fietssnelweg F35 zwischen Enschede und Hengelo war die erste Batterie zur Neige gegangen, etwa 65 Kilometer hatte ich zu diesem Zeitpunkt im ECO Modus geschafft, da die Kirche und damit die Pause schon in Sichtweite war, entschloss ich mich, den Akku erst dort zu wechseln.

Die Batterie des Shimano STEPS Antriebs

Denn: die Batterie befindet sich beim Chike auf dem unteren Rahmenrohr. Gegen die Position ist grundsätzlich überhaupt nichts einzuwenden, wenn man die optionalen Transportkisten am Rad hat, muss man lediglich die linke Kiste abnehmen, was dank cleverer Klick-Schiene mit einem Handgriff getan ist. Allerdings bin ich zwar von Haus aus für Camping, nicht aber für Trekking gerüstet, daher hatte ich eine üppig große Isomatte dabei, welche quer über den beiden Kisten in einem wasserdichten Packsack verstaut und festgeschnallt war. Für mich waren es also zwei oder drei Handgriffe mehr, als üblich.

Die genialen Kisten

Die Kisten selbst derweil sind ein geniales Feature am Chike, eine Evolutionsstufe der Fahrradtasche, wenn man so will. Einfach aufsetzen und einrasten, fertig. Links hatte ich alle Klamotten, rechts die Schlafsäcke für Levi und mich (auch hier gilt wieder: alles in "groß", nicht in Bike-packing-klein).

Meine Wunschkisten

Allerdings würde ich mir im Alltag andere Kisten wünschen: die beiden Boxen von AUER machen den Anschein, wasserdicht zu sein, aber das Wasser sammelt sich im Deckel und beim Aufklappen läuft dann doch wieder etwas in die Kiste - für Kleidung und Schlafsäcke natürlich sehr ungünstig, weswegen ich alles zusätzlich in wasserdichten Packsäcken verstaut hatte.

Mein Traum daher: entweder rechts und links eine Bierkiste, oder aber einfach ein offener Korb. Beides dürfte überhaupt kein Problem sein, und falls Chike dergleichen nicht selbst ins Programm nimmt, wäre es leicht selbst gemacht: die Schienen sind an die AUER Boxen genietet, und seit ich bei unserem Bellabike einst selbst neue Verschlüsse für das Dach mit der Nietenzange angebracht habe, würde ich mir glatt selbst zutrauen, die Schienen an meinem Wunschbehältnis zu befestigen.

Bauarbeiten an einer Schleuse - wir wollten da den Kanal queren, durften aber nicht

Hinter Hengelo gab es dann allerdings ein kleines Problem mit der Route: gerne hätten wir bei Delden den Kanal überquert, Bauarbeiten ließen dies allerdings nicht zu. Theoretisch wäre es möglich gewesen, aber der Bauarbeiter schüttelte immer nur den Kopf und wies uns zurück. Auch auf niederländisch fragen und mit "schauen sie doch, ein kleines Kind!" auf die Tränendrüse drücken half nicht - wir mussten zur letzten Brücke zurück. So kamen schon mal ein paar Kilometer mehr auf den Tacho, als geplant.

Schlafen im Chike

Bei der nächsten Pause hatten wir so noch fast 30 Kilometer bis zum Ziel vor uns, anstatt der geplanten zwölf. Das klang zunächst ernüchternd. Allerdings war die Stimmung gut, die Lage entspannt. Einen kurzen, aber heftigen Hagelschauer mit exakt einem einzigen Blitz und dazugehörigem Donner hatten wir alle überstanden, die Sonne war wieder da und es war Zeit, die Regenhosen wieder auszuziehen. Mein Sohn Levi hatte es sich gemütlich gemacht und war eingeschlafen - eine gute Entscheidung.

Pause mit Pils bei 113,2km


Überhaupt ein Punkt, über den ich vor der Reise gar nicht nachgedacht hatte, bei dem mir jetzt aber das Chike mit seiner Bauweise einen großen Dienst erwies: in nur wenigen Lastenrädern können die kleinen Fahrgäste ihren Kopf zum Schlafen ablegen, ein Punkt, der auch immer wieder diskutiert wird und für den sich so mancher seine eigenen Workarounds gebastelt hat. Die Kabine des Chike Kids hingegen ähnelt einem Fahrradanhänger, und zusammen mit dem ganzen Gepäck auf dem Nachbarsitz und der Kuscheldecke konnte Levi es sich herrlich bequem machen.

Endspurt nach Deventer

So schafften wir auch noch die letzten Kilometer und erreichten gegen zwanzig nach sieben am Abend die Pfadpfinderunterkunft am nördlichen Rand Deventers. Levi, inzwischen erwacht, freute sich über die zwei Rutschen, die es gab, und fand sofort eine Sammelmünze des C1000 Supermarktes im Gebüsch (Hintergrund: Levi findet immer und überall Münzen, mindestens einen Cent pro Tag, er sollte das beruflich machen).

Erste Etappte geschafft. 139,5 Kilometer an einem Tag

Es fuhren Menschen einkaufen, Tische wurden geräumt, Schlafplätze bezogen, geduscht und in der Küche auch schon gekocht. Ich hatte es die Fahrt über nie thematisiert, aber wie selbstverständlich ließ man mich bei den Gemeinschaftsaufgaben in die zweite Reihe zurücktreten und mich um meinen Sohn kümmern. Um die Erdmöbel zu zitieren: "Ihr wunderbaren Leute!" - Danke dafür. Sogar einen Teller Nudeln gab es für Levi, bevor alle anderen etwas zu Essen hatten!

Die Einkäufe sind da.

#justLeviThings - Kellerasseln, Tausendfüßler, Nacktschecken - und die Münze natürlich

Im Schlafsaal hatte es zuvor noch einen kurzen Schreck gegeben: ich hatte die falsche Isomatte eingepackt. Statt einer Doppel-Matratze für zwei Personen mit immer noch stattlicher Dicke von etwa fünf Zentimetern befand sich eine üppige, 10 Zentimeter dicke Einzel-Matte in meinem Packsack. Da die größere der Beiden vor dem Rollen einmal gefaltet wird, haben sie etwa das gleiche Packmaß, so lässt sich der Irrtum erklären.

Aber aus der Kuscheldecke in mehreren Lagen und dem Schafsfell, das ich mir extra für die Fahrt ausgeliehen hatte, ließ sich für Levi schnell ein Bett improvisieren, und hey - trotz Motorunterstützung sind 139,5 Kilometer eine Strecke, nach der man sich über eine anständige Schlafgelegenheit freut - also war die bequeme Isomatte trotzdem gern gesehen.

Das einzige Mal, dass ich die Bücher auf dieser Schokofahrt ausgepackt habe, war abends im Schlafsaal in Deventer. Und auch da hätte sich eine andere Beschäftigung gefunden, falls nötig

Tag 2

Der zweite Tag begann sehr gut - erstaunlich gut, wenn ihr mich fragt, denn: wie am ersten Tag war die Abfahrt für 07:30 Uhr geplant, allerdings galt es heute im Gegensatz zum Vortag noch, die Schlafsachen wieder zusammen zu raffen, zu frühstücken und bei über 30 temporären Mitbewohnern einen geeigneten Zeitpunkt für den Toilettengang zu finden.

Daher mein Erstaunen. Nur wenig später als geplant standen wir im Park nahe des Bahnhofs Spalier, um die zweite Gruppe aus einer weiteren Unterkunft in Deventer einzusammeln und gemeinsam Richtung Amersfoort zu fahren.

Levi steht Spalier

Es war ein feuchter Morgen und auch in der Nacht hatte es geregnet, Gelegenheit für das Chike Kids, sich eine kleine Blöße zu geben. Denn: die Kinderkabine parkt man am besten in einem trockenen Unterstand. Nicht, dass wir uns missverstehen, am Vortag hat sie meinen Sohn in einem Hagelschauer trocken gehalten und auch jetzt war sie nicht klatschnass. Dennoch waren die Polster ein wenig klamm. Nicht so feucht, dass man sich einen nassen Popo beim Sitzen geholt hätte, aber dass ich das Schafsfell über Nacht mit in den Schlafsaal genommen hatte, kam Levi nun doch zugute.

Und: beim Öffnen des Daches muss man aufpassen, dass das darauf gesammelte Regenwasser nicht in die Kabine läuft. Bedenkt man dies, lässt sich das Dach recht einfach öffnen und alles bleibt trocken. Passt man aber nicht auf, ist schnell die kleine Pfütze, die sich auf der Oberseite bilden kann, auf die Sitzbank gelaufen, und dann hätte man den Salat.

Sichtfenster im Dach: Hallo Levi!

Alles eine Frage der Handhabung, aber von unseren beiden Lastenrädern zuhause, dem Bellabike und dem Urban Arrow, die ganzjährig draußen stehen, bin ich eben anderes gewöhnt.

Sehr schön ist allerdings das Extra-Fenster im Dach, das auch bei geschlossenem Verdeck den Blickkontakt zu den kleinen Fahrgästen erlaubt. Und auch der Ausblick aus der Kabine ist üppig: Seiten und Front sind mit großen Fenstern versehen.

Nord- und Südlink treffen sich in Amersfoort

Am zweiten Tag wollten wir etwas planmäßiger unterwegs sein, als zuvor, denn es waren ja noch andere Gruppen unterwegs nach Amsterdam, die ihre erste Nacht in Nijmegen verbracht hatten, und das große Zusammentreffen war für Mittag auf dem Eemplein in Amersfoort geplant.

Zuvor galt es allerdings, die Veluwe zu durchqueren, das mit etwa 1.100 Quadratkilometern größte Wald- und Heidegebiet der Niederlande. Wunderschön ist es dort!

Durch die Veluwe

Levi in der Veluwe
Beinahe pünktlich erreichten wir den Eemplein und fielen in Scharen über die Pommesbude her. Und auch meine Boxenstrategie war an diesem Reisetag nahezu perfekt, aus den geplanten 65 Kilometern von Deventer nach Amersfoort waren 68 geworden, und nur, weil die Gruppe bei der Einfahrt in den Stadtkern von einem Geldtransporter getrennt wurde und ich mit ein paar anderen zunächst hinter diesem in die Irre fuhr, um dann mit Google Maps zum Treffpunkt zu navigieren, ließ mich der Akku auf den letzten 1.500 Metern im Stich.

Levi findet schon wieder Dinge

Während ich auf die Pommes wartete (und mich diesmal vorher über die Portionsgrößen genauer erkundigt hatte), jagte Levi auf dem Platz den Tauben nach und fand - wie sollte es sein - einen 100 Euro Schein. Nun gut, es war nur ein Abriss eines Notizblocks, dessen Zettel rückseitig wie eine Banknote aussahen, und es stand auch brav "This is a fake" auf dem Schein. Levi sollte dennoch für den Rest des Tages jedem seinen Fund voller Stolz präsentieren.

Vor der Weiterfahrt in Amersfoort die Aufstellung zum Foto

Doch auch nach Amersfoort gab es noch mal Natur: östlich von Hilversum in der "Hooge Vuursche" machten wir die letzte richtige Pause vor Amsterdam. Energiebällchen wurden verteilt und die Drohne stieg das erste Mal auf und filmte unsere Weiterfahrt. Auf diese Bilder freue ich mich sehr.

Schokofahrt Above

30 Kilometer sollten es noch sein, bis sich die Gruppen in Amsterdam auf die Unterkünfte aufteilen würden. Mittlerweile erschien diese Strecke wie ein Klacks.

In Amsterdam hatte ich dann allerdings tatsächlich "schwere Beine" und besorgte mir von "den sportlichen Jungs" ein Tütchen. Also, ein Tütchen Magnesium-Pulver! Herrgott! Wir sind in Amsterdam, da muss man das klarstellen :D

Am Ziel? Noch 12 Kilometer bis zur Unterkunft

Die Unterkunft der Münster-Gruppe war wieder ein Pfadfinder-Haus, gelegen im Westen Amsterdams. Dort war allerdings auch noch Programm, weshalb wir erst um 20:30 Uhr ins Haus konnten. Die Unentschlossenheit der Gruppe, was nun zu tun sei, ob man essen gehen solle oder doch zum Haus fahren und dort warten oder dieses oder jenes war tatsächlich der einzige Moment der Reise, an dem ich ein wenig nervös wurde: Levi war müde und stand auf der Kippe, wäre vielleicht gern eingeschlafen.

Glücklicher Levi, stolzer und müder Papa


Wir fuhren schließlich zur Unterkunft, durchquerten dabei den Vondelpark, und schickten wieder eine Abordnung los, Pizza und Bier einzukaufen. Und auch ein paar gesunde und wichtige Dinge zum Kochen.

Ich schloss das Chike an einen Fahrradbügel an und machte das Gepäck bereit. Levi suchte am Ufer des Sloterplas nach Schneckenhäusern und fand dutzende. Und dann stellte sich auch noch heraus, dass es in dieser Nacht für Levi und mich sogar einen eigenen Raum geben würde. Wie wunderbar!

Alles abgeladen, Fahrrad angeschlossen

Levi und ich ließen uns die Pizza schmecken und bald darauf brachte ich ihn ins Bett. Wir Erwachsenen diskutierten ein wenig über die Wahrscheinlichkeit, mit einem Rahmenschloss eine Speiche zu treffen - für unser Bellabike hatte ich diese mal auf ungefähr 1:4 bestimmt - verzogen uns jedoch auch bald in die Betten.

Ich verlasse die Schokofahrt

Am nächsten Morgen galt es eine Entscheidung zu treffen, die auf den letzten 270 Kilometern gereift war: obgleich mein Sohn meine kühnsten Erwartungen hinsichtlich seiner Laune übertroffen hatte - nicht ein einziges Meckern hatte ich an beiden Reisetagen gehört - wollte ich das "offizielle Programm" der Schokofahrt nun hinter mir lassen.

Die Schokocrew hatte um 15:00 Uhr einen Termin, um die Tonne Schokolade abzuholen. Mir hingegen schwebte vor, mit Levi noch ans Meer zu fahren, und danach den Zug zurück nach Münster zu nehmen. Schließlich waren es bis nach Zandvoort nur noch 25 Kilometer.

Das Chike in Zandvoort aan Zee

Und so machten wir es. Levi genoss ein Eis am Strand, die Sonne schien, es war beinahe windstill. Der Sohn wollte gar nicht begreifen, dass Schwimmen wie im Sommerurlaub jetzt noch nicht auf dem Plan stand.

Ich hatte für diese letzten 25 Kilometer meine normalen Klamotten angezogen, nicht Rad-Funktionskleidung wie in den Tagen zuvor. Der Unterschied überraschte mich - die atmungsaktiven Plastik-Schichten haben offenbar wirklich ihren Nutzen.

Die Nordsee

tl;dr

Das Chike. Was für ein schnuckeliges, kleines Rad. Gerade mal 73 Zentimeter breit und kaum länger als mein Hollandrad, und doch trug es mich und meinen Sohn Levi insgesamt rund 300 Kilometer von Münster bis ans Meer.

Die kleinen Außenmaße sollten mich auf der Zugreise nach Hause noch retten, davon aber vielleicht ein andermal mehr. Nur so viel: wieder mit dem Rad nach Hause fahren währe vermutlich stressfreier gewesen.

Shimano Steps

Positiv überrascht hat mich der verbaute Shimano Steps Antrieb. Chike haben einen sehr guten Job gemacht, den Motor stilvoll im Rahmen unterzubringen. Das krasse Gegenteil dazu wäre das Bakfiets.nl, wo man das Gefühl hat, es wurde einfach das Bauteil zur Aufnahme des Motors irgendwie in den Rahmen geschweißt.

Die Unterstützung ist schon im ECO-Modus kraftvoll, und rund 65 Kilometer Reichweite bei voller Beladung mit einem (im Moment wieder) > 100 Kilo Papa und einem Vierjährigen und Reisegepäck erscheinen mir mehr als ausreichend.

Ich möchte besonders die automatische Schaltung erwähnen. Die Alfine 8-Gang Nabe gefiel mir sehr gut, noch vor zwei Jahren beim Lastenrad-Test in Tanna ging mir das System größtenteils auf die Nerven. Mutmaßlich hat Shimano hier seine Hausaufgaben gemacht und die Software verbessert.

Heimkehr der Schokocrew Münster - Foto © Andrea Hansen


Fahreigenschaften

Das Rad fährt sich wunderbar und durch die Neigetechnik dynamisch wie ein Zweirad. Zweifel, die winzigen Räder könnten sich negativ auf die Fahreigenschaften auswirken, haben sich nicht bewahrheitet. An die Feststellbremse zum Blockieren der Neigevorrichtung muss man sich ein wenig gewöhnen, insbesondere, wenn man das Rad auf einer schiefen Ebene abstellt und den Impuls unterdrücken muss, den Rahmen trotzdem gerade hinzustellen - doch auch das klappt spätestens nach einer 300 Kilometer Tour problemlos.

Es gibt jedoch einen wirklich gigantischen Nachteil, den ich euch nicht verschweigen kann: mit seinen zwei Sitzplätzen ist es FÜR MEINE FAMILIE ZU KLEIN *schluchz*

Danke an Manuel von Chike, Danke an die Schokofahrt Crew, alle die mitgefahren sind und besonders die, die so viel organisiert haben. Was für ein Erlebnis!

www.schokofahrt.de
www.chike.de