Dienstag, 5. November 2019

Mit dem Lastenrad nach Enschede

Ja, ich möchte auch Schokofahrt fahren. Am liebsten sofort und immer wieder, aber mir fünf Tage aus meinem Familien- und Arbeitspensum herauszuschneiden, ist eben nicht so einfach. Aber jetzt, wo ich das Triobike habe, wäre doch eine Fahrt zum Einkaufen nach Enschede, wie ich sie schon lange plane, endlich mal drin. An Allerheiligen war es so weit.

Triobike auf Asphalt


Vor fast genau zwei Jahren bin ich schon mal zum Einkaufen nach Enschede geradelt. Damals allerdings mit dem Rennrad. Für den Transport größerer Mengen an Ware natürlich unpraktisch, ich hatte mir normale Straßenschuhe und einige Tragetaschen in einen kleinen Rucksack gesteckt und das Rad und die Einkäufe dann im Zug wieder mit nach Münster gebracht. Das wurde spätestens auf der Heimfahrt vom Hauptbahnhof Münster in die Autofreie Siedlung so richtig unkomfortabel...

Wetter war 2017 auch besser ...

Zwischenzeitlich kam ich dann ziemlich spontan zum Triobike und ebenso plötzlich begann ich die Tour nach Enschede. An Allerheiligen, wo eh halb Münster nach Enschede pilgert, weil ein Tag ohne Konsum ja schwer erträglich ist, entschied ich mich gegen "Hecken schneiden" (obwohl ich das sehr gerne an diesem stillen Feiertag gemacht hätte um meine doofe Nachbarin zu ärgern) und für die Fahrt zu Albert Heijn. Als die Entscheidung fiel, war es allerdings schon kurz vor 10 Uhr.

Schnell warf ich mich in Schale: lange Radlerhose, eine kurze Jogginghose drüber, drei schichten Fahrrad-Funktionskleidung in Zwiebel-Technik, meine zwei übrig gebliebenen, rechten Handschuhe, von denen ich einen umgedreht an der linken Hand tragen kann, für den Notfall in den Rucksack, und los gehts.

Mit Naviki hatte ich mir die kürzeste Route errechnet, was im wesentlichen bedeutete, die B54a entlang zu fahren. Wenn ich jetzt auf Strava sehe, dass die Route über den Schöppinger Berg nur zwei Kilometer länger ist, werde ich die wohl in Zukunft wieder fahren, denn schön ist es entlang der Bundesstraße wahrlich nicht.

Dafür durchquert man einige Orte, was es einfacher macht, die Strecke in Etappen zu denken. Bis Nienberge ist es ziemlich zäh, weil man erstmal aus der Stadt heraus kommen und das Stop and Go mit roten Ampeln hinter sich lassen muss. Und dann schickt mich Naviki doch tatsächlich auf den "Alten Münsterweg", der nicht viel mehr ist, als ein Trampelpfad durch die Felder, aber als Radweg ausgewiesen, und vermutlich 250 Meter kürzer als die Ortsumgehung Altenberge.

Kurzer Foto-Stopp in Burgsteinfurt

In Burgsteinfurt fragt mich eine Frau: "Von Münster sind Sie hierher gefahren?" Vermutlich hat sie es aus meinem "Schneller durch Münster" Sticker geschlossen, ich weiß es nicht. Jedenfalls bringe ich ihr mildes Erstaunen nicht mit ihrer nachfolgenden Aussage zusammen. Dass ich nämlich noch weiter nach Enschede zum Einkaufen fahre, quittiert sie mit "Das ist ja von hier auch gut zu erreichen" - dabei bin ich doch erst auf einem Drittel der Strecke und hatte sie nicht gerade eben noch Verwunderung zum Ausdruck gebracht, dass ich von Münster hierher gefahren sei?

Es hat angefangen zu nieseln, und tatsächlich hatte der Wetterbericht keinen Regen vor dem Abend kommen sehen. Noch geht es, aber wirklich gerüstet für richtigen Regen bin ich nicht.

Weiter geht es nach Ochtrup und dann nach Gronau. Diese Etappe ist wohl das trostloseste Stück, nahezu ausschließlich auf dem Seitenstreifen der Straße. Und als erstes durchweicht sind meine Schuhe. Ich hätte vielleicht doch die Überschuhe anziehen sollen, um die Vans wasserdicht zu machen.

Traurig macht mich das nicht!

In Gronau führt die Route direkt am Elternhaus meines Vaters vorbei. Oma und Opa Mensing haben immer dort gewohnt, Oma und Opa Poertner kamen auch aus Gronau, sind aber mindestens einmal umgezogen, und ich bin gar nicht sicher, ob es das Haus, in dem sie zuletzt gewohnt hatten, noch gibt? Es war ein hässliches Hochhaus in Bahnhofsnähe, und wenn ich dort als Kind übernachtete, wartete ich bis nach 18:00 Uhr, um im günstigen "Mondscheintarif" der Telekom Zuhause anzurufen...

Hinter Glanerbrug bin ich ein wenig überrascht, dass es auch hier zäh voran geht. Nahezu an jeder Kreuzung hat der Radverkehr rot und eine Bettelampel, die zwar über dem Rotlicht eine Art Countdown anzeigt, wie lange man noch zu warten hat, aber insgesamt wirkt das System so, als würde es den Kraftverkehr bevorzugen. Aus manchen Richtungen bekommen Autos mehrfach Grün, bevor der Radverkehr fahren darf. Das ist nicht, was ich von den Niederlanden erwarte.

Doch dann, nach exakt 66 Kilometern, erreiche ich die Altstadt Enschedes, schließe das Triobike ab und gönne mir auf der Stelle eine Portion Patat met und ein Kaassoufflé. Eigentlich hätte ich auch große Lust auf eine Frikandel Spezial, aber dieses ausschließlich aus Pink Slime hergestellte, fleischunähnliche Produkt wäre zwar einfach vegetarisch nachzubauen, ist aber zumindest in der Gastronomie noch nicht vegetarisch im Angebot.

Scheißwetter

Anschließend kaufe ich ein. Eigentlich nur Süßigkeiten: Vla, Custard Cakejes, Schokolade, Hagelslag. Aber auch etwas Käse und Muhammara, das wir vor einigen Jahren im Campingurlaub für uns entdeckt haben, und das ich in Deutschen Supermärkten bis heute nicht entdeckt habe (und eigentlich auch endlich einmal selbst machen will).

Als ich mein Rad voll beladen habe, treffe ich einen alten Freund aus Münster. Er bietet spontan an, das Fahrrad für den Rückweg in sein Auto zu laden, er hätte sein eigenes Lastenrad schon hinein bekommen. Also probieren wir es, aber das Triobike ist breiter als der einzelne umgeklappte Sitz der Rückbank, also wird daraus nichts.

Da wir bis zum Parkplatz des Autos die Innenstadt allerdings bereits hinter uns gelassen haben, entscheide ich mich, nach Gronau zum Bahnhof zu radeln und dort in den Zug zu steigen. Dort angekommen habe ich die Regionalbahn allerdings um fünf Minuten verpasst, also fahre ich noch weiter bis nach Ochtrup, wo ich dann den nächsten Zug erwische.

Die komplette Rückfahrt mache ich dann beim nächsten Mal. Für dieses Mal war ich doch zu bequem, außerdem wollte ich ganz gerne rechtzeitig zum Abendessen und zum ins Bett bringen der Kinder Zuhause sein. AUSREDEN!

Die Farbe der Tür verrät: das Triobike ist in der Regionalbahn

Und übrigens: im Westfalentarif darf man nach wie vor ein Lastenrad im Zug mitnehmen und kann sogar das Fahrrad-Ticket in der App kaufen. Mind Blown.